Angst vor Entscheidungen

Nach einem Monat voller Vorstellungsgespräche habe ich gestern endlich meinen unterschriebenen Vertrag verschickt. Jahrelang bin ich mit der Befürchtung umhergelaufen, naja manchmal eher geirrt, ich würde nie einen Job finden. Und von heute auf Morgen hat sich das alles verändert.

Ein 40 Stunden Job. 5 Tage die Woche, 8 Stunden lang.

Werde ich das schaffen? Zu viele Gedanken kreisen in meinem Kopf umher.

Ich habe Angst zu versagen, Angst wieder einmal etwas nicht zu Ende zu bringen. Das ist es was mir aus den Vorstellungsgesprächen in meinem Kopf geblieben ist. Die Feststellung „Ich hätte Angst Ihnen eine Aufgabe zu geben, weil ich befürchten müsste Sie würden sie nicht zu Ende bringen.“. Wut, Angst und vielleicht auch ein bisschen Wehmut mischen sich in meinem Bauch zu einer trüben Suppe.

Ein Vorstellungsgespräch ist nur ein kleiner Ausschnitt. Ein Gespräch ist ein Abriss der eigenen Person. Manchmal bekommt man eine Vorstellung davon, wie die Person ist, aber oft bleibt der eigentliche Charakter verborgen. Wer das nicht verstanden hat kann mir doch eigentlich leidtun. Trotzdem weiß ich, dass in dem Vorwurf ein kleines bisschen Wahrheit steckt. Ich bin nicht gerade stolz darauf. Vielmehr ist es das, was mich schon mein ganzes Leben lang begleitet. Die Angst nicht gut genug zu sein, wenn ich wirklich meine Leidenschaft und mein Herzblut in eine Sache stecke. Dann gebe ich auf. Teilweise vielleicht aber auch aus Langeweile, beides zu trennen ist manchmal schwer. Dabei habe ich schon vieles erreicht worauf ich stolz bin und objektiv gesehen auch stolz darauf sein kann.

Doch was ist Stolz überhaupt? Messen wir unseren eigenen Wert nicht viel zu Oft nach dem Erreichen von persönlichen oder eher gesellschaftlichen Zielen? Blicke ich zurück stelle ich fest, dass meine Ziele nicht unbedingt meine eigenen Ziele waren. Sich selbst in der Masse von Erwartungen, Hoffnungen und Wünschen Anderer nicht zu verlieren, sich selbst treu zu bleiben und seine eigene Identität zu finden ist in meinen Augen eine wirklich schwierige Geschichte. Wer man selbst ist und sein möchte kann einem das Leben ganz schön schwer machen.

Ich dachte ich hätte aufgehört mich nach anderen Meinungen zu richten, mein Leben mit anderen Lebensentwürfen zu vergleichen, aber scheinbar lag ich falsch. Ein kurzes Gespräch, ein Mensch, der mich vorher noch nie gesehen hat, kein Wort mit mir gewechselt hat bringt mich in die Bredouille wieder auf Kriegsfuß mit meinen getroffenen Entscheidungen zu stehen. Vielleicht aus Mangel an Selbstbewusstsein, Mangel an Überzeugung an mir selbst, oder der Angst etwas Entscheidendes verpasst zu haben. Aber das Leben wird nicht anhalten, wir können die Kassette nicht zurückspulen, noch einmal die beste Stelle abspielen und dann schnell eine andere Einlegen. Nein, Entscheidungen trifft man. Der Moment ist vorbei. Wir sind wir. Wir sind jetzt und das wird auch kein Bereuen, kein Hoffen und keine Angst mehr ändern. Was bleibt ist bloß eine Idee in unserem Kopf, wie wir uns die Zukunft vorstellen.

Manche nennen es Ziele, ich würde es aber lieber Frieden nennen. Frieden mit den eigenen Zweifeln und Ängsten. Frieden mit mir selbst, der einzigen Person die mein Leben bestimmt. Wir sind die einzigen Person, die unser Leben von Krieg und Verzweiflung bestimmen lässt oder von Frieden und Harmonie. Ich hoffe Frieden in mir selbst und meinen Entscheidungen zu finden. Auch wenn Entscheidungen immer eine gewisse Trennung bedeuten und wir eine Option gehen lassen müssen bedeutet es doch kein Lebewohl für immer. So wie wir manchmal Menschen begegnen, die wir schon Jahre nicht mehr gesehen haben, kann uns auch eine Option wieder über den Weg laufen. Und ganz vielleicht ist sie mit den Jahren sogar noch wärmer und angenehmer geworden, dass wir uns dieses Mal in sie verlieben. Vielleicht treffen wir uns aber auch nur wieder, reden über alte Zeiten, trinken Tee aus kleinen grünen Tassen mit Goldrand, denken an die schöne Zeit und verabschieden uns mit den Worten „Das müssen wir ganz bald wiederholen.“, mit dem Wissen, dass es nie dazukommen wird. Das ist vollkommen in Ordnung.

Wir sind in Ordnung.

Es gibt kein falsch und kein richtig. Es gibt nur ein Leben und verschiedene Wege. Ich muss mich nicht für immer entscheiden, denn für immer ist eine enorm lange Zeit. Ich kann mich umentscheiden. Wir alle haben die Kraft selbst zu entscheiden. In jedem von uns liegt die eigene Macht Dinge zu verändern. Wir sollten sie zu unserem eigenen Wohl nutzen. Es lohnt sich immer auf sein Herz zu hören, auf das eigene Bauchgefühl und den ist-Zustand zu hinterfragen.

Manchmal müssen wir einfach das tun, was wir tun müssen.

Wenn ich mir diesen Satz noch einmal auf der Zunge zergehen lasse wird mir klar, dass ich noch oft Angst haben werde, dass ich bestimmt noch oft nicht wissen werde ob ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Aber das spielt keine Rolle. Was gleichzeitig traurig, aber auch beruhigend ist. Und vor allem: jedem von uns geht es so. Wir sind vielleicht speziell, esoterisch, sportlich, einzigartig, aber im Kern ähneln wir uns doch alle.

Mehr Mut zur Angst und zu Entscheidungen!

Einer dieser Tage.

Genau der richtige Tag für meinen ersten Blog-Eintrag. Die Welt scheint irgendwie stillzustehen. Mein Kopf ist leer und gleichzeitig voll. Vollgestopft mit Wolken die mein Gehirn in ein Nebelgebirge verwandeln.

Keine klare Sicht. Man sieht im wahrsten Sinne des Wortes die Hand vor Augen nicht. Die Sicht endet nach einem, vielleicht auch zwei Metern. Die Wanderschuhe sind geschnürt, der Rucksack ist gepackt und sogar die extra neu gekaufte Outdoor Jacke übergeworfen. Ich bin also bereit. Doch bereit für was eigentlich genau? Was genau wartet da hinter diesen ein, zwei Metern? Einfach loslaufen wäre wohl die einfachste Option. Aber vielleicht trete ich auch in einen Abgrund? Oder ein Wildschwein kommt schon in diesem Moment durch den Wald gejagt?

Zuviel Fragen, zu viele Möglichkeiten. Ich ziehe meinen Rucksack ab und ziehe meine Schuhe aus. Für heute reicht es erstmal. Ich war schließlich draußen, oder?